Info-Merkblatt: Bauen für alle!

 – Bauen für alle

       Behindert ist man nicht, behindert wird man!  

Barrieren und Hindernisse sind in unserem Alltag für viele Menschen in unterschiedlicher Weise erleb- und fühlbar.

Zum Beispiel für

  • Eltern mit Kinderwagen
  • das Kleinkind, das gerade erst Treppensteigen lernt
  • den sehbehinderten Mann, der verzweifelt nach einem für ihn lesbaren Hinweisschild sucht
  • die Frau mit Leseschwäche, die vor dem Fahrscheinautomaten kapituliert
  • den begeisterten Sportler – seit gestern mit Gipsbein unterwegs
  • Reisende, die nach ihrem Urlaub alle Hände voll Reisegepäck haben
  • Menschen, deren Leibesfülle sie nicht nur beim Treppensteigen ins Schwitzen bringt, für die aber auch schmale Türen ein Hindernis darstellen
  • Senioren und Seniorinnen, die mit einem Rollator oder einer Gehhilfe unterwegs sind
  • den hörbehinderten Jungen, der beim Kinobesuch mit seinen Freunden nur wenig zu hören bekommt
  • Menschen, die durch ihr Gelenkrheuma Schwierigkeiten haben, kleine Knöpfe zu drücken oder mit der Karte Geld abzuheben
  • All diese Menschen haben aber eins gemeinsam:

Sie möchten ein eigenständiges, möglichst „normales“ Leben führen. Sie möchten

  • ohne Hilfe in ihre Wohnung und in die von Freunden und Verwandten gelangen
  • Einkaufen gehen
  •  Ämter- und Behördengänge erledigen
  • zur Ärztin oder zum Krankengymnasten gehen
  • durch die Stadt bummeln
  • ein Café besuchen
  • Urlaub machen, ohne Hindernisse überwinden zu müssen
  •  ohne Hilfe das WC benutzen oder sich versorgen zu können
  •  ins Kino gehen und ins Konzert
  •  Ins Jugendzentrum, auf den Kinderspielplatz oder ins Schwimmbad .gehen.

Damit das möglich ist, sind sie auf eine barrierefreie Umwelt angewiesen.

Der Begriff der Barrierefreiheit ist im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) sowie in den Behindertengleichstellungsgesetzen der Länder definiert:

§ 4 BGG NRW
Barrierefreiheit

Barrierefreiheit ist die Auffindbarkeit, Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der gestalteten Lebensbereiche für alle Menschen. Der Zugang und die Nutzung müssen für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe möglich sein; hierbei ist die Nutzung persönlicher Hilfsmittel zulässig. Zu den gestalteten Lebensbereichen gehören insbesondere bauliche und sonstige Anlagen, die Verkehrsinfrastruktur, Beförderungsmittel im Personennahverkehr, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen sowie Kommunikationseinrichtungen.

Diese Definition bedeutet, dass es bei Barrierefreiheit grundsätzlich um die Belange aller Menschen geht und die Belange von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen zu berücksichtigen sind. Außerdem bezieht sich Barrierefreiheit nicht nur auf Bauten, sondern auch auf weitere Aspekte, wie zum Beispiel die Kommunikation und Informationen.

Barrierefreiheit ist eine wichtige Voraussetzung, um Menschen mit Behinderungen eine volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Daher ist die Herstellung einer für alle Menschen zugänglichen und nutzbaren Umwelt auch ein wichtiges Handlungsfeld, das im Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention – in Deutschland am 26.03.2009 in Kraft getreten) benannt wird. In der UN-Behindertenrechtskonvention wird der Begriff „Universelles Design“ verwandt und wie folgt definiert:

Artikel 2 UN-Behindertenrechtskonvention

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet „universelles Design“ ein Design von Produkten, Umfeldern, Programmen und Dienstleistungen in der Weise, dass sie von allen Menschen möglichst weitgehend ohne eine Anpassung oder ein spezielles Design genutzt werden können. „Universelles Design“ schließt Hilfsmittel für bestimmte Gruppen von Menschen mit Behinderungen, soweit sie benötigt werden, nicht aus.

 

In den letzten Jahren ist das Bewusstsein für die barrierefreie Gestaltung öffentlicher Bereiche zunehmend gewachsen, auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung

. Das Engagement der gesamten Gesellschaft ist jedoch gefordert, um noch bestehende Barrieren konsequent abzubauen und bei Neubauten eine umfassende Barrierefreiheit im Sinne eines „universellen Designs“ /  „Designs für Alle“ zu verwirklichen.

Sie können

  • als Bürgerin und Betroffene städtische Bauvorhaben einsehen und gegebenenfalls Einspruch dagegen erheben oder Bedenken anmelden. Solche Bedenken müssen dann diskutiert werden.
  • als privater Bauherr oder Investorin Ihr Haus von vornherein so planen, dass Sie es auch im Alter uneingeschränkt nutzen oder Besuch zum Beispiel von Freunden und Angehörigen mit Behinderungen bekommen können.
  • als Mitarbeiterin der Verwaltung Bauprojekte anh auf Barrierefreiheit überprüfen und Anregungen für die Erfüllung dieser Vorgaben geben.
  • als Handwerker und Gewerbetreibende mit entsprechenden Produkten werben: gut zu bedienende Schalter, Griffe und Armaturen, trittsichere Fliesen und Bodenbeläge, Sanitärobjekte, Möbel, Büro- und Kücheneinrichtungen, die flexibel auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Menschen eingehen.
  • als Architektin bei jedem Projekt beweisen, dass barrierefreies Bauen und eine ansprechende Gestaltung sich sehr gut miteinander vereinbaren lassen und dass gutes Design im Sinne eines „Design für Alle“ Lebensqualität schafft.
  • als Mitglied im Stadtrat Bauvorhaben in Ihrer Stadt ebenfalls daraufhin überprüfen. Denken Sie an die Vorbildwirkung der Stadt bei eigenen Vorhaben und an die Möglichkeit, Anreize für barrierefreies Bauen zu schaffen.

Barrierefreies Planen und Bauen ist ein Planen und Bauen für alle Menschen, eine Architektur für heute und morgen! Es ermöglicht allen Menschen ein weitgehend gefahrloses, hindernisfreies Erreichen und die Nutzung aller für Menschen bestimmten Wege und Gebäude. Es ist langfristig gesehen auch kostengünstiger als alle anderen Formen des Bauens und es schließt niemanden aus.

Europaweite Studien haben bestätigt, dass ein „Design für Alle“ bereits heute für 10 Prozent der Bevölkerung unentbehrlich, für 30 bis 40 Prozent notwendig und für 100 Prozent komfortabel und ein wichtiges Qualitätsmerkmal ist (Quelle: Faltblatt EDAD – Europäisches Netzwerk Design für Alle Deutschland e.V.).